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Artikel in Zusammenarbeit mit der DHZ

Anton Fritsch: „Nur gemeinsam wird dieser Kraftakt eines neuen Hockey-Betriebssystems am Ende funktionieren“

27. March 2024

Anton Fritsch ist derzeit einer der gefragtesten Männer im deutschen Hockey. Dabei hat es der Informatikspezialist gar nicht so mit kleinen Bällen. Als aktiver Volleyballer pflegt der 24-Jährige eher den Umgang mit einem größeren Spielgerät. Und trotzdem spielt Fritsch eine ganz wichtige Rolle im Hockey: als neben „Computer Rock“-Gründer Christian Richter zentrale Figur bei der Umsetzung des „DHB Digital“-Projekts. Dieses steht mit der Einführung des Spielorganisationstools „Liga OS“ im bundesweiten Jugend-Spielbetrieb vor der nächsten Stufe. Über diese Herausforderung und weitere Themen der Digitalisierung im deutschen Hockey hat DHZ-Redaktionsleiter Uli Meyer mit Anton Fritsch gesprochen.

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Herr Fritsch, lange Zeit war der Hockey-Community der Name "Computer Rock" geläufig, wenn es um die Umsetzung des "DHB Digital"-Projekts ging. Nun hört man in diesem Zusammenhang seit geraumer Zeit den Namen "Sporting Rock". Können Sie diesen Umstand erläutern?
ANTON FRITSCH: Bei Sporting Rock handelt es sich um eine Ausgründung (Spin Off) der Computer Rock, welches das gesamte bisherige Entwicklungsteam umfasst und sich nur auf die Weiterentwicklung und den Betrieb der Software für den DHB und die Hockeyliga fokussiert. Sporting Rock hat alle Verträge und Gewährleistungszusagen und sonstige Vereinbarungen von der Computer Rock übernommen. Seit dem 1. Januar 2024 ist das Team von fünf Entwicklern einschließlich mir nun dabei, die Software weiterzuentwickeln und auszurollen.
Ich war seit 2018 bei Computer Rock für die Produktentwicklung für Mercedes, Interflex, DHB & Hockeyliga mitverantwortlich, ich habe einen Bachelor of Science in Wirtschaftsinformatik. Aktuell führe ich das Produktteam und die Geschäfte der Sporting Rock. Ich selbst bin langjähriger aktiver Volleyballer, und in meiner Freizeit bastele ich an meinen beiden Oldtimern, einem Mercedes Benz/8 und einem selbst ausgebauten VW Bulli.

Der Hockeyliga e.V. benutzt seit rund einem Jahr für die Bundesliga das Spielorganisationstool "Liga OS". Ist das eigentlich eine komplette Eigenentwicklung von Sporting Rock?
Das Liga OS ist eine modulare Weiterentwicklung des DHB-Systems, es handelt sich also im Kern um das gleiche System. Die Hockeyliga hat diese Weiterentwicklung finanziert und sich an den Kern-Entwicklungskosten des allgemeinen Systems (DHB) beteiligt. Somit kommen sämtliche Weiterentwicklungen des Liga OS auch dem DHB zugute und umgekehrt.

Was sind Ihre Erfahrungen zur Einführung des "Liga OS" in der Hockey-Bundesliga? Wo gab es die größten Probleme? Wie lange hat es Ihrer Einschätzung nach gedauert, bis die Clubs das System weitgehend im Griff hatten und komplikationslos damit arbeiten konnten?
Da es sich um das grundlegend gleiche System handelt, war die Einführung des Liga OS ein guter Testlauf für eine breite Einführung für weitere Ligen. Grundsätzlich gab es bei der Hockeyliga einen Hauptverantwortlichen mit Sebastian Schwidder für die Einführung und Betrieb des neuen Spielsystems. Wir wickeln jetzt fast die dritte Saison (Start Hallen-Endrunde 22/23, Feld 23/24 fortlaufend, Halle 23/24) über das neue System ab. Mit Beginn der Feldsaison 24/25 gehen wir davon aus, dass alle anfänglichen Schwierigkeiten, die bei der Neueinführung eines so komplexen Systems naturgemäß auftreten, behoben sein werden. Dies betrifft sowohl funktionale Aspekte, als auch Testdaten und Designfragen. Grundsätzlich benötigt das Erlernen eines neuen Systems Zeit, im Falle des Liga OS kalendarisch dann zwölf Monate.

Jetzt steht die Einführung des "Liga OS" auch für den bundesweiten Jugend-Spielbetrieb zum Beginn der Feldsaison 2024 an. Wie viel Mehraufwand ist das für Sie als System-Zuständiger? Im Vergleich zu den vier Bundesliga-Spielklassen (1./2. BL, Damen/Herren) ist der Jugend-Spielverkehr nicht nur in der Masse ein Vielfaches, sondern durch die gefühlt unendliche Anzahl an verschiedenen Spielsystemen, Gruppengrößen etc. bestimmt eine große Herausforderung, oder?
Wir haben wie erwähnt ja schon im Bundesliga-Spielbetrieb (Halle/Feld; 1. und 2. Bundesliga) sowie DM-Endrunden auch in der Jugend mehrere Spielsysteme eingeführt, hinzukommen noch die Spielsysteme der Hallen- und Feld-Europameisterschaften. Das Liga OS und das darunterliegende System sind für eine dynamische Erstellung von unterschiedlichen Ligenformen ausgelegt. Diese Anforderung war von vornherein klar. Natürlich besteht die grundsätzliche Notwendigkeit, die administrativen Tätigkeiten auf mehreren Schultern in den Landesverbänden und auch in den Clubs zu verteilen, um nicht (mehr) von einzelnen Personen abhängig zu sein. Die initiale Schulung dieser Verantwortlichen in den Landesverbänden in einem neuen, sich teilweise noch verändernden System ist jedoch eine große Herausforderung und erfordert sowohl Engagement der Beteiligten als auch Zeit, um alle Fragen und Feedback zu verarbeiten. Nicht zu vergessen der initiale Aufwand der Einrichtung des neuen Systems, alle Ligen, Clubs, Mannschaften im neuen System anzulegen, inklusive neuer Prozesse. Dies ist natürlich ein großer Aufwand zu Anfang, wird sich jedoch im Betrieb durch geringeren Pflegeaufwand auszahlen.

Welche Erfahrungen aus der "Liga OS"-Einführung in der Bundesliga haben Sie für den gleichen Schritt im Jugendbereich vorteilhaft nutzen können?
Wir versuchen so viele Daten wie möglich aus dem alten System automatisiert zu übernehmen. Des Weiteren wurden zum Beispiel mehrere Restriktionen beim Erstellen von Spielberichten entfernt, um den Umgang noch weiter zu erleichtern.

Wie weit sind die Vorbereitungen inzwischen vorangekommen? Wo sehen Sie aktuell noch die größten zu bearbeitenden Baustellen, damit ein Start Mitte/Ende April tatsächlich auch gelingen kann?
Grundsätzlich sind alle wichtigen Funktionen und Daten enthalten, und wir können starten. Natürlich haben wir uns bei einer so großen und weitreichenden Einführung darauf fokussiert, die Standardfälle erst einmal einzuführen. Deshalb wird es auch dazu führen, dass teilweise weniger Funktionen als im alten System zum Start vorhanden sein werden, um grundlegend die wichtigsten Spielsysteme und Funktionen zu gewährleisten. Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass sämtliche Feedbacks während und nach der Einführung mit in die Weiterentwicklung einfließen. Wir haben explizit Kapazitäten auch jetzt während der Ausrollung eingeplant, um ad hoc Feedback sehr kurzfristig noch mit einbauen zu können. Sonst dauert ein Zyklus für neue Funktionen ca. vier bis zwölf Wochen, je nach Priorisierung durch den DHB und die Hockeyliga.
Aktuell bauen wir noch das Thema Spielgemeinschaften ein, welches bei der Ausrollung mit den Landesverbänden eine hohe Wichtigkeit erhalten hat, da dies häufiger vorkommt als bisher angenommen. Dies ist nur ein Beispiel für die Richtigkeit des gewählten Vorgehensmodells, Schritt für Schritt von den Kernfunktionalitäten alle weiteren relevanten und von den Nutzern geforderten Funktionen einzubauen.

Täuscht der Eindruck, dass weder der DHB als Dachverband noch die Landesverbände genügend Sorgfalt hineingesteckt haben, um ihre Vereine auf die Umstellung, die eine gravierende sein wird, vorzubereiten?
Wir als Sporting Rock sind erst einmal grundsätzlich für die technische Konzeption und die Softwareentwicklung des neuen Systems verantwortlich. Wir hatten uns jedoch seit langem mehr Kommunikation und auch mehr Interesse der Akteure an der inhaltlichen Einführung eines so großen, komplexen und weitreichenden Systems gewünscht. Die aktuelle Arbeitsbelastung der meisten ehrenamtlich Tätigen ist natürlich hoch, und es ist somit nachvollziehbar, dass operative Themen im Alltagsgeschäft bei den Akteuren Vorrang haben.
Somit haben wir seit letztem Jahr angefangen, direkt mit den Landesverbänden zu kommunizieren. Hierbei fällt auf, dass es im deutschen Hockey kein wirklich durchgängiges Kommunikationssystem vom Dachverband über die Landesverbände über Clubverantwortlichen bis hinunter zu den einzelnen Betreuer:innen und Aktiven gibt. Auch das ist ein Ziel des neuen Systems!
Mittlerweile scheint Hockey-Deutschland aufgewacht zu sein, und wir stehen im intensiven Austausch mit einer Vielzahl an Akteuren, die sich nun kurzfristig mit dem neuen System auseinandersetzen und von uns eingearbeitet werden. Ehrlicherweise muss man jedoch auch feststellen, dass es eine Vielzahl an Angeboten seit August letzten Jahres gegeben hat, wo man sich aus erster Hand hätte informieren können. Die Beteiligung an diesen Angeboten war jedoch überschaubar. Es scheint so, dass sowohl die Informationen nicht ausreichend geflossen sind, jedoch auch ein "Vor sich Herschieben" einen weiteren Anteil daran hat, dass nun eine Einführung “so plötzlich” kommt.
Wir möchten dennoch jeden mitnehmen, denn nur gemeinsam wird dieser Kraftakt eines neuen Hockey-Betriebssystems am Ende funktionieren.

Künftig kann es theoretisch für jedes U12-Verbandsspiel einen Liveticker geben oder für die entsprechende Liga eine Torjägerliste. Schießt so etwas nicht über das Ziel hinaus? Müssen oder sollen die einzelnen Landesverbände bzw. Staffelleiter mit solchen technischen Möglichkeiten eigenverantwortlich umgehen?
Genau das ist technisch theoretisch möglich, inhaltlich natürlich nicht relevant. Relevant sind solche Funktionen vielleicht bei Endrunden oder auch im Erwachsenenbereich. Bei Jugendlichen ist uns der Datenschutz sehr wichtig. Zunächst werden alle Jugendlichen nur mit dem Vornamen und den Anfangsbuchstaben des Nachnamens angezeigt. Es bleibt den Personen am Spieltag selbst überlassen, ob sie die volle Funktionalität des Live-Tickers nutzen möchten.
Es kann weiterhin nur der Spielberichtsbogen ausgefüllt werden, aber in elektronischer Form. Die Tabelle und auch die Tormaschinen-Ansicht können von den Ligenverantwortlichen ein- aber auch ausgeblendet werden. Grundsätzlich kann aber auch ein U12-Verbandsspiel wie ein Hockey-Bundesligaspiel dargestellt werden.

Auffällig ist, dass sämtliche Erwachsenen-Spielklassen unterhalb der Bundesliga die Rückrunde der Feldsaison 2023/24 noch im alten Digitalsystem ("grüne Seite" bzw. alte Landesseiten) abwickeln, ehe sie zur neuen Feldsaison 2024/25 ebenfalls ins "Liga OS" eingegliedert werden. Welche Gründe hat das?
Es war der Wunsch vieler Verbände und auch der Ligenverantwortlichen in den Landesverbänden, die laufende Saison im alten System beenden, um dann den Start der neuen Saison im neuen System vorzunehmen. Aktuell sind es vier Ligen, die einen testweisen Schritt in das neue System vornehmen.

Welche Hilfestellung können Sie Vereins- und Verbandsmitarbeitern (z.B. Staffelleiter), die einfach noch Fragen zum neuen System haben, anbieten?
Wir bieten jeden Dienstag eine “offene Sprechstunde” für alle Clubverantwortlichen an, an denen jeder teilnehmen kann, um Fragen oder Anliegen direkt an Sporting Rock und auch die Projektverantwortlichen im DHB und Landesverbänden zu stellen. Außerdem bieten wir jedem Verband auch nochmal verbandsinterne Schulungen an. Der Verband muss nur den Termin organisieren, und Sporting Rock übernimmt die Präsentation/Einführung - wir sind für jegliche Fragen direkt greifbar.
Des Weiteren arbeiten wir gerade an einem FAQ auf der Verbandsseite, wo häufig gestellte Fragen veröffentlicht und regelmäßig erweitert oder aktualisiert werden. 
Bei akuten und dringenden Themen ist das Support Desk, welches von Sporting Rock betreut wird, eine weitere Anlaufstelle: Erreichbar entweder unter https://support.dhb.digital/ oder eine E-Mail an support@dhb.digital.

Worauf müssen sich Betreuer und Clubverantwortliche und Spieler in der Einführungsphase einstellen?
Erst einmal wird es bestimmt an der einen oder anderen Stelle - bei einer so großen Anzahl an Nutzern - zu Themen kommen, die noch verbessert werden müssen. Hierzu zählt definitiv die Umsetzung der mobilen Version für Betreuer und Schiedsrichter. Diese wird nach erfolgreichem Umzug des Jugendbereichs und stabilen Betrieb der Kernfunktionalitäten bis zur Hallensaison freigeschaltet.
Grundsätzlich freuen wir uns (wirklich) über Feedback und Anregungen über die oben genannten Kanäle. Wir erwarten hier noch viel Feedback, und die gemeinsam mit dem DHB und Hockeyliga beschlossene prozessorientierte Vorgehensweise wird sich langfristig auszahlen, indem nur Funktionen entwickelt werden, die auch wirklich benötigt werden.
Wir entwickeln hier eine Individualsoftware, da am Markt keine bestehende Standardsoftware verfügbar war.

Vielen Dank für das Gespräch!

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